Wie gut ist fasten?
Fasten ist zurzeit in aller Munde. Ziel dieses Blogbeitrags ist es, die unterschiedlichen
Formen von Fasten sowie die aktuelle Datenlage bezüglich Vor- und Nachteile dazu ausführlich aufzuzeigen.
Heilfasten nach Buchinger
1935 veröffentlichte der Arzt Otto Buchinger sein Buch «Heilfasten» und popularisierte Fasten als gesundheitswirksame Massnahme für Körper, Geist und Seele. Im Gegensatz zum totalen Fasten sind Tee’s (mit etwas Honig), Fruchtsäfte, Wasser und Gemüsebrühe erlaubt. Dadurch nimmt man täglich zwischen 250 und 500kcal zu sich. Die Anwendungsdauer beträgt 3 Tage bis 6 Wochen. Ohne ärztliche Begleitung sollte nicht länger als 7-10 Tage gefastet werden.
Time Restricted Feeding – eine Form von Intervallfasten
Weitere Formen sind weniger absolut und werden in der englischen Sprache als TRF (Time Restricted Feeding), IF (Intermittend Fasting) und FMD (Fast Mimicking Diet) bezeichnet, weshalb wir dies hier ebenfalls machen.
Beim TRF wird innerhalb eines Zeitfensters von 3-12 Stunden gegessen. Die bekannteste Form des TRF ist 16:8. Während 16 Stunden wird gefastet. In den allermeisten Fällen wird einfach das Frühstück weggelassen.
Vorneweg: diverse Studien zeigen die positiven Effekte, auf die wir weiter unten eingehen, nicht für TRF, weshalb wir hier auch nicht weiter darauf eingehen.
5:2 Fasten und die Mimicking Diet – 2 weitere Formen von intermittierendem Fasten
Die bekannteste Form des Intermittent Fasting ist das 5:2 Fasten. An 5 Tagen isst man normal, an 2 Tagen isst man nichts. ADF (Alternate Day Fasting) ist ebenfalls eine Form des intermittierenden Fastens, bei welchem, wie der Name sagt, ein Tag normal gegessen und ein Tag bei ca. 25% des Kalorienverbrauchs «gefastet» wird.
Last but not least wird bei der Fastenfrom «Mimicking Diet» klassisches Heilfasten, wie oben beschrieben, praktiziert. Es darf allerdings in geringem Umfang (ca. 725kcal) gegessen werden. Man möchte also die positiven Effekte von «wirklichem» Fasten, ohne dass man eigentlich fastet. Diese Form des Fastens wird während 3-5 Tagen beibehalten und ist somit weniger restriktiv. Erlaubt ist fast alles (kein Koffein), es müssen nur die Makroverhältnisse stimmen (9% Protein, 44% Fette und 47% Kohlenhydrate).
Vorteile von Fasten (ohne TRF)
Gewichtsreduktion
- Alle Formen von Fasten haben den Vorteil, dass durch die zeitlichen Einschränkungen die totale Kalorienaufnahme verringert wird und damit meistens erfolgreich Gewicht reduziert werden kann.
- Durch glasklare Regeln macht man tendenziell weniger Ausnahmen als bei einer Kalorienrestriktion, bei der stetig gegessen werden darf. Richtig gemacht zeigen Studien aber keine wesentlichen Unterschiede zwischen Fasten und einer normalen Kalorienrestriktion. Es bleibt jedoch zu sagen, dass Refeeds nach einer bestimmten Zeit in einem Kaloriendefizit vorteilhaft sind. Dazu weiter unten beim Stoffwechsel.
Verminderung von ENTZÜNDUNGEN durch Fasten
- Bei allen Formen von Fasten konnten Entzündungen vermindert werden. Dies macht Sinn, denn Übergewicht ist selbst einer der grössten Trigger für Entzündungen, insbesondere das Bauchfett. Zudem ändert sich oft auch die Lebensmittelauswahl hin zu gesünderen Produkten. Ob die Abnahme der Entzündung somit gänzlich oder hauptursächlich aufs Fasten zurückzuführen ist, bleibt unklar. Hier braucht es mehr, bessere und längere Studien.
- Eine durch die Ernährungsumstellung verbesserte Insulinsensitivität wirkt sich vielseitig auf eine verbesserte Gesundheit aus. Dieser Effekt zeigt sich jedoch nicht nur beim Fasten, sondern generell bei einer Kalorienrestriktion. Da Zucker die Ausschüttung von Interleukin-1beta und Insulin auslöst und diese entzündungsfördernd wirken, ist eine Reduktion von Zucker in vielerlei Hinsicht positiv.
VERBESSERUNG VON BLUTHOCHDRUCK DRUCH FASTEN
- Mehrere Studien zeigen eine deutliche Verbesserung von Bluthochdruck. Dieser ist auf diverse Faktoren zurückzuführen. Leptin, wie auch die vermehrte Aktivität des Parasympathikus, führen zu diesem Ergebnis. Allerdings waren die Effekte nur so lange anhaltend, wie auch die Diät anhielt. Einzige Ausnahme: wenn auch Gewicht reduziert wurde.
Autoimmunerkrankungen und Allergien
- Klar ist, dass viele Menschen mit Autoimmunerkrankungen wie Arthritis, Fibromyalgie oder Multiple Sklerose sehr positiv reagieren und sich die Schmerzen deutlich verbessern. Auch Parkinson wird mittlerweile als Autoimmunerkrankung gehandelt, weshalb Fasten auch hier positiv sein kann.
- Ebenfalls reagieren Menschen mit Allergien positiv aufs Fasten.
AutophagiE UND FASTEN
- Autophagie nennt man die Zerstörung von alten oder defekten Zellorganellen in einer Zelle. Somit ist es eigentlich eine Zellreinigung. Obwohl solche Prozesse andauernd geschehen, kann Fasten solche Prozesse unterstützen bzw. beschleunigen. Die grundlegenden Prozesse werden noch nicht genau verstanden. Man geht aber davon aus, dass Ketone eine wesentliche Rolle spielen. Diese werden nach mehreren Stunden kohlenhydratfreier bzw. -armer Ernährungsweise und somit auch beim Fasten ausgelöst. Mehr dazu, was Ketone sind und was sie bewirken, in diesem Blogbeitrag.
- Autophagie-Prozesse sind auch im Zusammenhang mit der Entstehung von Krebs interessant. Durch den herbeigeführten Energiemangel gehen gesunde Zelle in einen Ruhemodus und Krebszellen sterben, da diese auf Wachstum gepolt sind. Zudem hat man feststellen können, dass Fasten ein Enzym namens P53 aktiviert. Ob diese für die positiven Resultate im Zusammenhang mit der Krebsentstehung bzw. -behandlung stehen, muss allerdings zuerst noch bewiesen werden. Klar scheint zu sein, dass weniger Nebenwirkungen nach einer Chemotherapie zu erwarten sind, wenn vorher gefastet wurde.
Nachteile von Fasten
Vitamin und Mineralstoffmangel
- Wichtige Vitamine und Mineralstoffe fehlen bei falscher Anwendung von Fasten bzw. fehlendem Wissen. Krämpfe oder gar Herzrhythmusstörungen können nur zwei Folgen sein. Es wird ebenfalls über Schwindel (Blutzucker bzw. Bluttiefdruck), Nierensteine (zu wenig Flüssigkeitsaufnahme) sowie Gichtanfälle (Harnsäurespiegel steigt an und die Ausscheidung wird reduziert) berichtet.
Makronährstoffmangel
- Zu den Makronährstoffen zählen Kohlenhydrate, Fette und Proteine. Gerade zu letzteren sollten wir besonders Sorge tragen, da sie für den Muskelaufbau bzw. -erhalt notwendig sind und die Muskulatur schon in den Zwanzigern rückläufig ist. Der Aufbau ist zudem deutlich schwieriger ist als der Abbau. Sie ist Stoffwechsel aktiv, schützt uns und hält uns mobil bis ins hohe Alter. Beim Fasten ist die Muskelmasse besonders gefährdet, insbesondere wenn keine Proteine zugeführt werden, nicht trainiert wird oder zu lange gefastet wird. Viele Studien zeigen aber, dass die Muskelmasse kurzzeitig sehr gut erhalten werden kann, sofern auch trainiert wird und genügend Proteine gegessen werden. Es muss also zwischen Formen wie TRF oder ADF und Fasten mit längeren Abschnitten ohne Nahrungsaufnahme unterschieden werden. Bei ersteren ist der Körper recht gut im Stande, die Muskelmasse zu erhalten. Werden jedoch mehrere Tage oder Wochen keine oder zu wenig Eiweisse zugeführt, kann ein Muskelmasseverlust auftreten. Der genaue Anteil an kontraktilen Anteilen am Verlust der fettfreien Masse ist unklar, da man in Studien davon ausging, dass die grosse Mehrheit der fettfreien Masse, die verloren ging, aus Wasser und Glykogen (gespeicherte Kohlenhydrate) bestand. Es wurden jedoch keine Biopsien gemacht, weshalb diese Aussage mit Vorsicht zu geniessen ist. Dennoch scheint es, also könnte Sarkopenie in einem ketogenen Zustand minimiert werden.
- Auch die anderen beiden Makros haben ihre Notwendigkeit. Aus den Baustoffen der Fette werden die Zellmembranen sowie unzählige Hormone gebildet, um nur zwei Aufgaben von Fetten zu nennen. Die Kohlenhydrate und deren Abbauprodukt Glukose dienen den roten Blutkörperchen sowie dem Gehirn als Energiequelle. Ein Umbau aus anderen Stoffen ist möglich, aber nicht immer sinnvoll.
Stress durch fasten
- Fasten mag für gewisse Organe wie unseren Verdauungstrakt eine Entlastung sein, doch bedeutet es andererseits auch Stress. Ohne regelmässige Nahrungsaufnahme weiss der Körper nicht wie ihm geschieht und was ihn noch erwartet. Zudem muss der Blutzucker mit Hilfe des Hormons Cortisol stabilisiert werden. Gerade wenn Stress sonst noch Teil des Alltags ist, ist dies nicht ideal.
Stoffwechsel nachteile wegen Fasten
- Es gibt leider sehr wenige gute Studien im Zusammenhang mit Fasten und Stoffwechsel. Diejenigen welche es gibt, zeigen keine markante Reduktion des Stoffwechsels und falls doch, erst nach mehreren Tagen des Fastens. Von Fastenkuren die über längere Zeit mit keinen oder sehr wenigen Kalorien praktiziert werden, raten wir klar ab. Sogenannte Refeeds, das sind Tage, an denen so viel gegessen wird, wie man auch verbrannt (Maintenance), machen ab einem gewissen Körperfettanteil sehr viel Sinn. Je mehr Körperfett, desto weniger braucht es solche Tage.
Fazit
Fasten kann vielerlei positive Effekte haben (vor allem auch mentale, auf die wir hier nicht eingegangen sind). Der wichtigste physiologische bleibt wohl der der Gewichtsreduktion aufgrund eines Kaloriendefizits. Doch auch Entzündungen und Autoimmunerkrankungen werden besser und eine bestimmte präventive Wirkung vor altersbedingten Krankheiten
scheint gegeben.
Nichtsdestotrotz gibt es auch Risikofaktoren. Bei allen Formen des Fastens, jedoch ebenfalls wenn man sich generell in einem Kaloriendefizit befindet, sollte trainiert werden, da ansonsten wertvolle Muskelmasse verloren gehen kann. Die besten Ergebnisse hinsichtlich Muskelmasseerhalt konnten bei reinem Krafttraining oder einer Kombination von Kraft- und Herzkreislauftraining gezeigt
werden. Zudem sollte in den Phasen, in denen gegessen werden darf, eine High-Protein Ernährungsweise praktiziert werden.
Abschliessend gilt es festzuhalten, dass die meisten Formen von Fasten eigentlich gar keine im klassischen Sinne sind, da in gewissen Zeitabständen immer wieder «normal» gegessen oder trotz dem Namen «Fasten» ein gewisser Teil an Kalorien zugeführt wird. Somit ähneln sie Formen wie der ketogenen Diät, welche laut Studien oft ähnlich gut funktioniert, wie gewisse Formen von Fasten.
Ebenfalls muss erwähnt werden, dass es nicht gesundheitsförderlich ist, wenn in der Zeit in der gegessen werden darf, nicht auf die Nahrungsmittelauswahl geachtet wird oder Fastenkuren einmal jährlich für 1 von 52 Wochen praktiziert werden und danach wieder «Saus & Braus» gilt.
Last but not least bleibt zu sagen, dass die Ernährung nur ein Baustein für ein langes Leben darstellt. Mindestens so wichtig sind ausreichende Bewegung und Schlaf sowie ein paar weitere Faktoren, auf die wir in diesem Beitrag zu Langlebigkeit näher eingehen.
Viel Erfolg!
QUELLEN
- https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Fasten-Welche-Vor-und-Nachteile-gibt-es,fasten262.html
- https://www.srf.ch/play/tv/puls/video/von-intervallfasten-bis-retreat-wie-gesund-ist-fasten-wirklich?urn=urn:srf:video:6d5fdf3d-f5bf-4228-b61c-1cfe45325200
- https://www.aok.de/pk/magazin/ernaehrung/ernaehrungsformen/heilfasten-nach-buchinger-wie-es-funktioniert-und-was-es-bringt/
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- https://das-immunsystem.de/blog/2018/07/05/fau-forscher-identifizieren-parkinson-als-moegliche-autoimmunerkrankung/
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- https://www.bulknutrients.com.au/blog/muscle-building/does-intermittent-fasting-pose-any-risk-for-muscle-loss#
- https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/jcsm.12766
- https://science-fitness.de/abnehmen/diaet-luege-4-fasten-schaltet-den-stoffwechsel-auf-sparflamme
- https://www.ugb.de/ugb-medien/einzelhefte/hormone-boten-im-stoffwechsel/das-hormonsystem-im-fasten/
- https://science-fitness.de/abnehmen/diaet-luege-8-fasten-erhoeht-kortisol