Vegane und vegetarische Ernährung –
was die Wissenschaft wirklich sagt
Lassen wir die Mythen gleich zu Beginn hinter uns: Fleisch ist kein Zaubermittel – und Grünkohl essen verleiht dir keinen moralischen Heiligenschein. Ernährung ist keine Glaubensfrage, sondern Biologie. Wer seine Gesundheit und Leistungsfähigkeit ernst nimmt, muss ideologisches Getöse ausblenden und sich auf Fakten konzentrieren – vor allem, wenn es um pflanzliche Ernährung und Eiweissversorgung geht. Also: Reden wir über Veganismus, Vegetarismus – und darüber, was passiert, wenn man auf Fleisch verzichtet. Spoiler: Wer kein Fleisch isst, lebt nicht automatisch besser – aber auch keineswegs gefährlich.
Kurz ERklärt: Was ist vegan, was vegetarisch?
Vegan: Keine tierischen Produkte sind erlaubt – also kein Fleisch, kein Fisch, keine Eier, keine Milch. Streng, oft ideologisch motiviert.
Vegetarisch: Kein Fleisch oder Fisch, Eier und Milchprodukte sind erlaubt. Flexibler, häufig aus gesundheitlichen oder ökologischen Gründen gewählt.
Die moderne vegane Bewegung gewann ab der Mitte des 20. Jahrhunderts an Dynamik – aber pflanzenbasierte Ernährung hat deutlich ältere Wurzeln: man denke an antike indische oder mediterrane Kulturen. Mit Instagram hatte das also ursprünglich nichts zu tun!;)
Warum entscheiden sich Menschen für eine vegane oder vegetarische Ernährung?
Wie schon angedeutet, die häufigsten Gründe sind:
- Ethische Überzeugungen – etwa Tierrechte oder Kritik an Massentierhaltung
- Ökologische Motive – z. B. geringerer Flächenverbrauch oder weniger Emissionen
- Gesundheitliche Ziele – z. B. niedrigere Cholesterinerte, ein längeres Leben
Was sagt die Wissenschaft zum Umweltthema?
Kurz gesagt: Die Datenlage ist eindeutig. Eine grosse Meta-Analyse aus dem Jahr 2018 von Poore und Nemecek, veröffentlicht in Science, wertete Daten von 38’700 landwirtschaftlichen Betrieben weltweit aus.
Das Ergebnis: Fleisch- und Milchproduktion beanspruchen rund 83 % der Agrarflächen und verursachen etwa 60 % der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft – liefern aber nur 18 % der globalen Kalorien und 37 % des Proteins. Der Umstieg auf eine pflanzenbasierte Ernährung kann die ernährungsbedingten Emissionen um bis zu 73 % senken.
„Und was ist mit Soja? Zerstört das nicht den Amazonas?“
Wer sich Sorgen um den Einfluss von Soja auf den Amazonas macht, sollte genauer hinsehen – denn das eigentliche Problem ist: Fleisch. Der grösste Teil des Sojas, das in Ländern wie Brasilien oder den USA angebaut wird, landet nicht in Tofu oder Sojamilch, sondern in Tierfutter – vor allem für Schweine und Geflügel.
Manche Menschen glauben, dass wir deutlich weniger Soja anbauen müssten, wenn es direkt von Menschen verzehrt würde, statt es an Tiere zu verfüttern – bei gleichem Nährwert, etwa in Form von Protein. Das könnte Ackerflächen und Wälder entlasten und wäre aus Umweltsicht ein klarer Vorteil.
Allerdings gibt es einen Haken: Das Soja, das für Tierfutter angebaut wird, ist weder besonders schmackhaft noch gut geeignet für Lebensmittel wie Tofu. Es wächst zwar zuverlässig in bestimmten Regionen, ist aber für den direkten menschlichen Verzehr eher ungeeignet. Einige schlagen deshalb vor, dieses Soja stattdessen in pflanzliche Fleischalternativen oder andere verarbeitete Produkte zu verwandeln. Andere wiederum befürchten, dass das lediglich zu noch mehr hochverarbeiteten Lebensmitteln führt – oft wenig gesund und hergestellt von grossen Konzernen, die auf industriellen Sojaanbau setzen und damit ihrerseits Umweltschäden mitverursachen.
Also: Auch wenn eine stärker pflanzenbasierte Ernährung helfen kann, Umweltschäden zu reduzieren, sollte man genau hinschauen, wie das Soja angebaut und verwendet wird.
Letztlich ist noch weitere Forschung nötig. Und wie Menschen zu diesem Thema stehen, hängt oft davon ab, was ihnen am wichtigsten ist – Gesundheit, Umwelt oder die Art und Weise, wie Lebensmittel produziert werden.
Zusammengefasst:
- Ja, Soja ist ein wesentlicher Treiber der Abholzung.
- Aber über 75 % des weltweit angebauten Sojas wird als Tierfutter verwendet – nicht für Tofu oder Sojamilch.
- Nur etwa 6–7 % des Sojas werden direkt vom Menschen verzehrt.
Vertreter der regenerativen Weidehaltung sehen in grasgefüttertem Rindfleisch die Antwort auf viele Probleme. In kleinem Massstab können solche Systeme tatsächlich zur Bodengesundheit beitragen – ja. b
ABER: Untersuchungen zeigen, dass die Emissionen pro Kilogramm Protein selbst bei den effizientesten Weidehaltungs-Systemen 10 bis 25 % höher sind als bei industriell produziertem US-Rindfleisch. Und im Vergleich zu einer breiten Palette pflanzlicher und tierischer Proteinquellen liegen die Emissionen von Weiderind zwischen dem 3- und über dem 40-Fachen.
Protein – der Elefant im Tofu-Regal
Zurück zum Thema: Protein ist unverzichtbar. Es wird gebraucht für Muskelaufbau, Hormonproduktion, Enzyme, Regeneration und das Immunsystem. Und dabei zählt nicht nur die Menge auf dem Etikett – sondern auch die Qualität.
Hier kommt die sogenannte Bioverfügbarkeit ins Spiel – also der Anteil des Proteins, den der Körper tatsächlich verdauen, aufnehmen und verwerten kann. Tierische Proteine (aus Fleisch, Eiern, Milchprodukten) schneiden in diesem Punkt meist besser ab: Sie sind „vollständig“ (enthalten alle neun essenziellen Aminosäuren) und sehr gut verdaulich. Man geht von einer Verwertungsrate zwischen 90 und 99 Prozent aus.
Pflanzliche Proteine? Sie sind in der Regel „unvollständig“ und schlechter verdaulich – mit einer Verwertbarkeit von etwa 50 bis 80 Prozent, besonders wenn sie aus unverarbeiteten Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten oder Getreide stammen. Um denselben muskelaufbauenden Effekt zu erzielen, braucht es grössere Mengen und durchdachte Kombinationen – etwa Reis mit Bohnen oder Linsen mit Samen.
Das heisst nicht, dass es unmöglich ist – aber es erfordert Planung.
Und ja, es gibt wissenschaftliche Belege dafür: Eine sogenannte Nicht-Unterlegenheitsstudie* von Hevia-Larraín et al. aus dem Jahr 2021 verglich Veganer und Omnivoren (sogenannte „Allesfresser“), die während eines Krafttrainingsprogramms dieselbe Proteinmenge erhielten (1,6 g pro Kilogramm Körpergewicht und Tag). Beide Gruppen erzielten vergleichbare Zuwächse an Muskelmasse und Kraft – allerdings nur, weil die vegane Gruppe Sojaprotein-Isolat verwendete. Ohne Isolat wäre es kein fairer Vergleich gewesen.
*Eine Nicht-Unterlegenheitsstudie prüft, ob eine Methode nicht signifikant schlechter abschneidet als eine andere – in diesem Fall also, ob veganes Protein beim Muskel- und Kraftaufbau genauso wirksam ist wie tierisches.
Vorteile veganer und vegetarischer Ernährung
- Geringerer BMI, Cholesterin- und Blutdruckwerte
- Niedrigeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes
- Leichterer Zugang zu Ballaststoffen und Antioxidantien
- Geringerer ökologischer Fussabdruck
Nachteile (und Die sind relevant!!!)
- Hohes Risiko für Nährstoffmängel: Besonders bei Veganern, aber auch Vegetarier können zu wenig Vitamin B12, Eisen, Zink, Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA), Kalzium, Vitamin D und Kreatin aufnehmen
- Niedrigere Kreatin- und Carnosinwerte in der Muskulatur → geringere Explosivkraft
- Höheres Risiko für Knochenbrüche bei Veganern
- Schwerer, mit unverarbeiteten Lebensmitteln die notwendige Leucinmenge für Muskelaufbau zu erreichen
- Erfordert häufig Nahrungsergänzungsmittel oder verarbeitete Proteinquellen, um mit omnivoren Ernährungsweisen mithalten zu können
Wer kommt gut mit veganer oder vegetarischer Ernährung zurecht?
- Menschen, die ihre Nährstoffzufuhr aktiv im Blick haben und gezielt supplementieren
- Ausdauersportler mit geringerem Bedarf an Explosivkraft
- Personen mit starker ethischer oder ökologischer Motivation – denn wer ein klares „Warum“ hat, bleibt oft konsequenter dran
Wer kommt mit dieser Ernährungsweise eher schlecht zurecht?
- Kraftsportler oder Athleten, denen der Muskelaufbau schwerfällt oder die besonders viel Muskelmasse benötigen
- Schwangere und Kinder (hoher Nährstoffbedarf pro Kilogramm Körpergewicht)
- Menschen mit dogmatischer Ablehnung gegenüber Nahrungsergänzung
- Personen, die glauben, dass ein paar Kichererbsen und gute Absichten schon ausreichen
Omnivore, Veganer, Vegetarier – wer steht wie da?
Omnivore haben in Sachen Nährstoffversorgung grundsätzlich die besten Karten: B12, Eisen, Omega-3-Fettsäuren, Kreatin – alles ist direkt in der Ernährung enthalten. Vegetarier liegen irgendwo dazwischen – besonders dann, wenn sie regelmässig Eier und Milchprodukte konsumieren.
Aber: Das Blatt wendet sich, wenn die Ernährungsqualität schlecht ist.
Ein Omnivore, der sich überwiegend von Fertigprodukten und Junkfood ernährt, steht am Ende schlechter da, als ein Veganer mit durchdachter, nährstoffreicher Ernährung und gezielt eingesetzten Supplementen.
Und wie steht’s mit rotem Fleisch?
Gute Frage – das wurde an anderer Stelle bereits ausführlich behandelt: Mythos Rotes Fleisch – Wunderwaffe oder Krebsbeschleuniger?
Hier die Kurzfassung: Rotes Fleisch ist heute kein ernährungsphysiologisches Muss mehr. Ein übermässiger Konsum – insbesondere von verarbeitetem Fleisch – ist klar mit einem erhöhten Risiko für Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden. Mageres, unverarbeitetes Fleisch? Möglicherweise neutral. Aber wer darauf verzichtet, verpasst keine gesundheitlichen Wunder.
Was sind die wichtigsten pflanzlichen PROTEINquellen?
Aus diesen pflanzlichen Lebensmitteln beziehen die meisten Veganer und Vegetarier ihr Eiweiss:
- Linsen (18 g pro 100 g)
- Kichererbsen (15 g pro gekochter Tasse)
- Schwarze Bohnen / Kidneybohnen (15–20 g pro 100 g)
- Tofu (12 g pro 100 g)
- Tempeh (20 g pro 100 g)
- Seitan (25 g pro 100 g)
- Edamame (12 g pro Tasse)
- Quinoa (8 g pro Tasse, vollständiges Aminosäureprofil)
- Chiasamen (5 g pro 2 EL)
- Hanfsamen (10 g pro 3 EL)
- Soja- oder Erbsenprotein-Isolat (20–25 g pro Portion)
Hinweis: Die Angaben stammen aus verschiedenen Quellen, etwa dem U.S. Department of Agriculture und der Schweizer Nährwertdatenbank – es kann also zu leichten Abweichungen kommen.
Wie gut sind pflanzliche Proteine verwertbar (Bioverfügbarkeit)?
Pflanzliche Proteine unterscheiden sich deutlich in ihrer Verdaulichkeit. Vollwertige Hülsenfrüchte und Getreide liegen bei etwa 50 bis 70 Prozent. Isolate wie Soja- oder Erbsenprotein erreichen deutlich höhere Werte – etwa 80 bis 95 Prozent.
Für Veganer ist Soja insgesamt die beste Wahl: gutes Aminosäureprofil, ordentlicher Leucingehalt und eine hohe biologische Verfügbarkeit.
- Reis + Bohnen
- Erdnussbutter + Vollkornbrot
- Linsen + Quinoa
- Hummus + Vollkornpita
Setze auf Vielfalt über den Tag verteilt – du musst nicht alle Kombinationen in einer einzigen Mahlzeit unterbringen.
„Ich will ja WIRKLICH vegan/vegetarisch leben – aber ich hab keine Ahnung, was ich dann essen soll!“
Beispiel für einen veganen Tag (ca. 1800 kcal)
Frühstück
Porridge mit Sojamilch, Chiasamen, Erdnussbutter und Banane
~450 kcal, 20 g Protein
Mittagessen
Quinoa, Linsen, geröstetes Gemüse, Tahini-Dressing
~500 kcal, 25 g Protein
Snack
Proteinshake mit Sojaisolat, dazu eine Handvoll Mandeln
~300 kcal, 30 g Protein
Abendessen
Tempeh-Pfanne mit Vollkornreis, Brokkoli und Sesamöl
~500 kcal, 35 g Protein
Tagesbilanz:
~1800 kcal, ~110 g Protein
Das passt für die meisten Menschen, die ca. 65–70 kg wiegen und etwa 1,6 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht anpeilen.
FAZIT
Mit einer veganen oder vegetarischen Ernährung kann man Muskeln aufbauen und gesund bleiben. Aber idealisiere sie nicht – sie bringt auch Herausforderungen mit sich. Du verzichtest auf Einfachheit und hohe Bioverfügbarkeit zugunsten ethischer oder anderer Vorteile. Das ist völlig in Ordnung – solange du es bewusst und durchdacht machst. Behalte deine Nährstoffzufuhr im Blick. Ergänze, was fehlt. Und orientiere dich an der Wissenschaft.
Es geht nicht darum, wer „recht“ hat – sondern darum, dass deine Ernährung zu dir passt.
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